Marc-Antoine Charpentier und George Philipp Telemann am 21.12.2023 in der Abteikirche Tholey.
Nachdem es im vergangenen Jahr dem Madrigalchor Illingen überzeugend gelungen war, die Zuhörer in der vollbesetzten Abteikirche Tholey musikalisch in adventliche und weihnachtliche Stimmung zu versetzen, gestaltet der Chor zusammen mit Solisten und einem Barockorchester ein weiteres Konzert in diesem stimulierenden Rahmen.
Das Programm bietet Werke von Komponisten, die in ihrer Zeit ungekrönte Stars der Musikszene waren:
Marc-Antoine Charpentier, von dem heute im Allgemeinen nur noch die Melodie zur Eurovisionshymne bekannt ist, teilt sich die höchste Bekanntheit im barocken Frankreich mit J.B. Lully. Fachleute sind sich jedoch einig, dass er im Bereich geistlicher Musik gegenüber letzterem der gehaltvollere Komponist war. Zu seinen zahlreichen Werken gehört das Canticum In Nativitatem Domini, das wahrscheinlich um das Jahr 1688 entstand. Im ersten Teil bittet ein Chor der Gerechten um die von Gott biblisch zugesicherte Erlösung. Eine fast schon transzendentale Vertonung der Nacht leitet in den zweiten Teil über, in dem in einfachen pastoralen Melodien die Hirten auf dem Felde dargestellt werden, bis schließlich Lobpreis Gottes in einer „Gloria“-Vertonung durchbricht.
Georg Philipp Telemann war zu Lebzeiten weit bekannter als etwa Johann Sebastian Bach. Seine Kantate „Auf Zion! Und lass in geheiligten Hallen“ schrieb er 1760 für die Hamburger Hauptkirche St. Petri. Sie gehört also in sein Spätwerk und erinnert in manchen Teilen an das Kantatenwerk des Leipziger Bach.
Eingängige, aber auch virtuose Arien wechseln mit Rezitativen, in denen die Weihnachtsgeschichte kurz erzählt wird und mit Chorälen, die damals von den Zuhörern mitgesungen wurden. Daneben erklingen ein fast schon volksliedhafter Chor und ein kunstvoll fugiertes „Ehre sei Gott“. Die Kantate geriet in Vergessenheit und wurde erst in den 1990er Jahren wiederentdeckt.
Die beiden Kantaten-Raritäten werden im Konzert durch ein Blockflötenkonzert des italienischen Komponisten Giovanni Battista Sammartini verbunden. Der ausgedehnte dritte Satz des Konzertes entführt die Zuhörer in einem Siciliano, einer Hirtenmusik, wieder hin zum weihnachtlichen Geschehen. Die zu Unrecht als Schülerinstrument abgetane Blockflöte wird dabei meisterlich von der Lebacher Virtuosin Ingrid Paul zum Klingen gebracht.
Als weitere Gäste hat der Madrigalchor die Gesangssolisten des letzten Jahres Katharina Becker (Sopran) und Angela Lösch (Alt) engagiert, die das Publikum im letzten Jahr mit langanhaltendem Applaus verabschiedet hatte.
Das Orchester verwendet zur Begleitung Originalinstrumente der Barockzeit oder deren Nachbauten, sodass ein authentischer Klang die Abteikirche erfüllen wird.
Selten haben wir die längste Nacht so schön beginnen dürfen.
Konzertbesucher vom 21.12.2023 in Tholey
Eindrücke vom Konzert
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Thomas Meyer